Science Fiction Filme) Lieber Mr. Dutton. Ich fühle mich sehr geehrt, dass sie mit mir sprechen. Sie sind, und das kann man ruhig so sagen, eine wahre Legende auf dem Gebiet des Matte Paintings. Viele Filme wie RED SONJA (1985), GATE – DIE UNTERIRDISCHEN (1987) oder auch das gesamte STAR TREK – FRANCHISE wären ohne Ihr Zutun kaum vorstellbar. Wären sie bitte so freundlich und erzählen sie uns, wie alles angefangen hat.
Syd Dutton) Ich bin in San Francisco geboren und aufgewachsen. Es war eine wunderbare Stadt, in der ich aufwuchs, kulturell und visuell anregend. Seit meinem zwölften Lebensjahr hatte ich immer einen Job. Alle interessant und oft herausfordernd. Nach der High School ging ich auf das San Francisco City College, wo ich meine Fähigkeiten im Zeichnen verfeinerte und wechselte dann an die University of California in Berkeley.
Ich habe Architektur studiert, aber nach einem Jahr wechselte ich in die Kunstabteilung und schloss mit einem Master-Abschluss in Kunst ab. Es war in den 1960er Jahren und zwei der Gastdozenten waren David Hockney und Mark Rothko. Mark war ein bemerkenswerter Mann, und ich hatte das große Glück ihn zu ihn gekannt zu haben. Ich heiratete. Wir reisten durch Mexiko, erkundeten Städte, Dörfer, Mexiko-Stadt und die fabelhaften Ruinen von Teotihuacan. Als ich nach San Francisco zurückkehrte, gebar meine Frau ein wunderbares kleines Mädchen. Ich arbeitete weiter in verschiedenen Jobs, verfolgte meine Kunst, so gut ich konnte und spielte mit dem Filmemachen. Ich drehte kurze 16-mm-Filme und schrieb Drehbücher. Ein Drehbuch wurde von den Universal Studios gekauft und der Produzent verschaffte mir einen Job in der Poststelle. Ich zog nach Los Angeles und traf dort Albert Whitlock als ich seine Post austrug.
Ich bewunderte seine Matte Bilder und seine Maltechnik. Wie es der Zufall wollte, brauchte er einen Assistenten für den Film DIE HINDENBURG (1975). Ich wusch Pinsel, kochte Tee, zeichnete Aufnahmen, was immer ich konnte, um ihm das Leben während der einjährigen Postproduktion zu erleichtern. Danach sagte Albert, ich könne weiter als als Mattepainting-Assistent bleiben. Ich arbeitete für ihn bis zu seiner Pensionierung. Es war eine lange zehnjährige Lehre, aber ich hörte nie auf zu lernen. Der Chefkameramann der Abteilung, Bill Taylor und ich gründeten dann unsere eigene Firma, Illusion Arts. Unser erster Job war das Reboot der Fernsehserie THE TWILIGHT ZONE (1985). Wir bekamen die Arbeit, weitere Jobs folgten und wir hielten das Geschäft am Laufen und wuchsen die nächsten 26 Jahre.
SFF) Nach DIE HINDENBURG arbeiteten Sie für Alfred Hitchcoks FAMILIENGRAB (1976). Wie kam es dazu?
S.D.) Letzten Endes war es nur eine Aufnahme. Karen Black 0betritt eine Polizeistation in San Francisco. Henry Bumstead, einer von Hitchcocks bevorzugten Ausstattern, baute das Set im Hinterhof. Es war sehr geradlinig. Es war eine Nachtaufnahme. Al und Bill richteten die Aufnahme ein. Mr. Hitchcock führte vom Rücksitz seiner Limousine aus Regie. Nach ein paar Takes war die Sache gelaufen. Am nächsten Tag zeichnete ich die Aufnahme auf eine gerahmte Glasscheibe, die ich mit weißer Farbe auf Wasserbasis grundiert hatte. Ich war überrascht als Al mir sagte, ich könne es malen. Es war keine schwierige Aufnahme. Es sah schon ziemlich gut aus, aber ich wusste nicht was ich für den extremen Hintergrund malen sollte. Ich kannte San Francisco, aber anstatt etwas etwas Eindeutiges zu malen, sagte Al, ich solle "interessanten Unsinn" malen. Ich fragte, was er meinte. Er sagte, ich solle Punkte und Striche malen. Genau das tat ich, und es funktionierte perfekt.
SFF) Albert Whitlock war nicht nur ein wahrer Meister des Matte Paintings sondern auch Ihr Freund. Was haben Sie alles von Ihm gelernt?
S.D.) Unnötig zu erwähnen, dass Albert Whitlock mein Mentor war und mir alles beigebracht hat, was ich weiß. Was eine große Hilfe aus meiner Collegezeit war, war mein Wissen über Kunstgeschichte. Andere Künstler aus vergangenen Jahrhunderten hatten oft eine Lösung für eine Komposition oder Stimmung, die ich verwenden konnte. Die Künstler der Hudson River School waren immer eine Inspiration. Zum Beispiel war Piranesis imaginäre Gefängniszeichnungen die Grundlage für die Matte Paintings für die Fernsehserie DIE SCHÖNE UND DAS BIEST (1987). Im Laufe der Jahre baute ich mir eine umfangreiche Forschungsbibliothek auf. Ich durchforstete die Discount-Abteilungen der Buchhandlungen. Andere Referenzen kamen aus Zeitschriften. Natürlich war eine öffentliche Bibliothek ebenfalls eine weitere Quelle. Das war lange vor Google. Ich hatte immer eine Kamera dabei und besaß eine Sammlung von 35-mm-Dias, hauptsächlich von verschiedenen Himmeln und Architektur.
SFF) Gibt es sowas wie ein Grundgerüst nachdem man Bilder malt?
S.D.) Ich habe so viele sehr talentierte Künstler gekannt, die aus völlig unterschiedlichen Hintergründen kamen. Einer malte wie eine Schreibmaschine, bewegte sich von links nach rechts, und hatte ein fertiges Bild, als er am Ende der Fläche ankam. Ein Maler zeichnete seine Aufnahmen vor und malte sie später ein. Er produzierte ein wunderbares, sehr realistisches Gemälde. Ein anderer war völlig autodidaktisch unterrichtet und war ein fantastischer Maler. Einige hatten Mentoren und wurden Lehrlinge, wie ich es tat. Andere waren szenische Hintergrundmaler, die zum Matte Painter aufstiegen.
SFF) Welche Materialien zur Bearbeitung von Bildern bevorzugen Sie?
S.D.) Albert Whitlock verwendete Ölfarbe (Winsor und Newton) und eine sehr begrenzte Farbpalette. Er hat nie schwarz, es sei denn, er malte Wolken. Für eine sehr dunkle Farbe mischte er Dark Umber und Ultramarinblau. Er sagte, dass schwarze Farbe die Farben, mit denen sie sich vermischt, schlammig macht, und er hatte Recht.
Sein Malmedium war Leinöl, gemischt mit einer kleinen Menge japanischen Trockners. Er malte einen grundlegenden, abgestuften Himmel ein. Wenn dieser getrocknet war, meist am nächsten Tag, blockierte er die Grundformen des Bildes mit einem großen Pinsel aus. Wenn das getrocknet war, legte er Fluchtpunkte fest um sie mit kleineren Pinseln zu verfeinern, bis er zu sehr kleinen Pinseln für Highlights und Details kam.
Ein anderes Mal, für einen stürmischen Himmel, nahm er einen großen Pinsel und malte wütend mit einer ganzen Palette von Farben. Das war der Prozess, den ich nachahmte. Alle meine imaginären Stadtlandschaften für STAR TREK und andere Science-Fiction-Serien, begannen als vage Ideen. Manchmal stellate ich mir die Geschichte einer außerirdischen Zivilisation vor und dann begann ich Formen zu malen.
Was dabei herauskam war oft etwas sehr Unscharfes, so als ob ich eine Stadt im Nebel sehen würde. Dann, mit der Zeit lichtete sich der Nebel allmählich während ich weiter malte. Das klingt vielleicht kitschig, aber so fühlte es sich für mich an: Immer weiter verfeinern, bis es eine echte Stadt zu sein schien. Später wechselte ich zu Griffin Alkydfarben, die auf Harzbasis hergestellt sind und viel schneller trocknen (ohne zu vergilben, wie es bei Ölfarben der Fall ist) so dass ich ein Gemälde schneller voranbringen konnte.
SFF) Auch für THE BLUES BROTHERS (1980) haben sie gemalt. Was genau?
S.D.) Die einzige Aufnahme, die ich für die BLUES BROTHERS gemalt habe, war eine weite Außenaufnahme einer Kirche mit einem Lichtschacht, der aus brütenden Wolken aufsteigt und das Gebäude beleuchtete.
SFF) Für die TV-Serie STAR TREK - THE NEXT GENERATION (1991) und für BUCK ROGERS (1979) gab es einige schöne Bilder von futuristischen Städten von Ihnen. Woher kommt dieses Faible für urbane Strukturen? Mögen Sie es, Ihre Sicht auf die Zukunft zu präsentieren?
S.D.) Ich habe schon immer Science-Fiction geliebt. Ich sah die FLASH GORDON-Serie bei den Samstagsmatineen im örtlichen Theater in San Francisco was meine Vorstellungskraft wirklich anregte. Fritz Langs METROPOLIS (1927) verblüffte mich. Hugh Ferriss, ein Architekturillustrator, war eine große Quelle der Inspiration. Ich las ausgiebig. Ich suchte und sah mir alte Filme an. Damals gab es noch keine Videos also wurde die Suche nach alten oder ausländische Filme zu einem Abenteuer.
Als ich anfing, die Post in den Universal Studios zuzustellen, war es eine in sich geschlossene Stadt. Große Stars die unter Vertrag standen hatten ihre eigenen Bungalows. Es gab einen Schmiede, eine Make-up-Abteilung, sogar eine Abteilung für Spitzenklöppeln. Natürlich gab es auch einen Hinterhof. Die Idee war, dass man jeden Film machen konnte. Vom Western über Sherlocks Holmes bis zum SCHRECKEN VOM AMAZONAS (1954) ohne das Gelände zu verlassen. Das war die Zeit, als Mattepainting ein wesentlicher Bestandteil war um ein stehendes Set oder London mit dem Big Ben im Hintergrund und die Erweiterung eines kleinen Sees in einen amazonischen Dschungel zu malen.
Ab den 70er Jahren wurde das Matte Painting bald vom Hinterhof befreit, da die Produktionen zu Drehorten, um eine realistischere Umgebung zu schaffen, wechselte. Ich begann, zu weit entfernten Drehorten und fremden Städten zu reisen.
SFF) Können Sie uns sagen, wie sich der Bereich der Matte Painting im Vergleich zu den 70-90er Jahren verändert hat.
S.D.) Das Feld der Matte Painting hat sich im Vergleich zu den 1970er bis 90er Jahren komplett verändert. Ich habe den Übergang zum digitalen Malen in Photoshop vollzogen, aber ich würde immer noch Ideen mit dem Pinsel skizzieren.
Heute beschäftigen die großen Effektfilme eine Armee von engagierten und talentierten Profis mitverblüffenden Ergebnissen. Aber ich bin froh, dass ich meine Karriere mit einem Pinsel und einer kleinen Crew von begabten Künstlern und Technikern Machen konnte
SFF) Sie haben an sehr unterschiedlichen Filmen aus verschiedenen Genres gearbeitet. Ihre Vielfalt ist beeindruckend. Sei es DER PRINZ AUS ZAMUNDA (1988), DRAGONHEART (1996) oder KAP DER ANGST (1991). Nach welchen Kriterien wählen Sie ihre Jobs aus? Welche Herausforderungen stellen Sie an sich selbst?
S.D.) Bill Taylor und ich bekamen den Job bei DER PRINZ AUS ZAMUNDA weil wir mit Albert bei BLUES BROTHERS gearbeitet hatten. John Landis war ein großer Unterstützer unserer Arbeit. Die Effekte von DRAGONHEART wurden an ILM vergeben. Aber wir wurden hinzugezogen um konzeptionelle und Matte-Painting-Arbeiten an zwei Aufnahmen zu machen. KAP DER ANGST hatte den wunderbaren Production Designer, Henry Bumstead. Als Albert in den Ruhestand ging, wurde Henry für die Arbeit an PSYCHO 3 (1986) engagiert, bei dem Anthony Perkins sowohl die Hauptrolle als auch Regie führte. Henry gab uns die Chance, die Effektarbeit für den Universal-Film zu übernehmen. Henry war es auch, der Martin Scorcese überzeugte uns in das Effektteam für KAP aufzunehmen.
Wir hatten eine tolle Zeit, und ich denke unsere traditionellen Matte Paintings kamen gut an. Marty kümmerte sich auch nicht um die üblichen Einschränkungen von Matte Paintings. Bill und ich mussten uns am Kopf kratzen als er wollte, dass Robert De Niro direkt in die Kamera läuft und das Bild überlappt, wenn seine Figur aus dem Gefängnis entlassen wird. Es gibt nichts Besseres als gedrängt zu werden damit eine Aufnahme Spaß macht. Es war also nicht so, dass Bill und ich die Arbeit ausgesucht haben, die Arbeit hat uns ausgesucht.
SFF) Welche drei Utensilien sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten in Ihrem Bereich?
S.D.) Es gibt eine ganze Reihe von Werkzeugen, die wir brauchten, um ein traditionelles Matte Bild zu machen: eine Kamera mit einer sehr gleichmäßigen Bewegung, ein ausgeklügeltes Matte-Painting-Stativ, ähnlich wie ein Animationsstativ aber horizontal statt vertikal, ein Rotoskop-Stativ, eine Staffelei, Farbe und eine lange Liste von vergessenen
Werkzeugen und Techniken. In einer Welt ohne Film sind dies alte Kuriositäten. Aber die drei Werkzeuge die in jeder Ära am wichtigsten sind, sind Glück, Handarbeit und der Geist der Großzügigkeit und Freundlichkeit
SFF) Zusammen mit Bill Taylor haben Sie 1983 ILLUSION ARTS, INC. gegründet. Warum haben Sie diesen Weg gewählt? Wollten Sie unabhängiger sein?
S.D.) Bill und ich waren auf dem Rücksitz eines Trucks auf dem Rückweg von einem Drehort. Bill fragte mich, ob ich mit ihm ins Geschäft kommen wolle. Ich sagte ja und schlief laut Bill prompt ein. Universal war dank der Bemühungen von Bills Agenten sehr großzügig zu uns. Zuerst durften wir aber unter der Bedingung arbeiten, dass jede Arbeit für Universal sein würde.
Es war unser erster Tag als Partner, und ich las in der Zeitung, dass THE TWILIGHT ZONE neu aufgelegt wurde. Wir riefen den Produzenten an. Er wusste wer wir waren und erteilte uns den Auftrag für alle Mattepainting-Arbeiten. Ich malte etwa jede Woche eine neue Matte-Shot, was uns Geld gab um uns am Laufen zu halten und für die Zukunft zu sparen. Universal entschied schließlich, dass sie aus den Abteilungsräumen Redaktionsräume zu machen, und wir wurden gebeten, zu gehen. Sie gaben uns ein wunderbares Angebot für die Kameraausrüstung, einschließlich der Matte-Ständer und Staffeleien. Wir konnten sie in Raten zurückzahlen. Wir fanden ein Gebäude in der Nähe von Apogee im San Fernando Valley. Apogee bestand aus ehemaligen KRIEG DER STERNE-Angestellten unter der Leitung von John Dykstra. Bill und ich hofften auf eine Art Zusammenarbeit, was auch geschah.
Illusion Arts war in einem Lagerhaus untergebracht, welches ein Loft hatte. Das Loft wurde das Atelier. Zusätzlich bauten wir eine Holzwerkstatt ein. Der Bereich darunter wurde später zu einer kleinen Bühne für ein Motion-Control-Rig umgebaut. Unter dem Dachboden befanden sich die Rezeption, ein Büro, die Redaktion und ein optischer Druckerraum. Es war eine saubere und aufgeräumte Umgebung.
SFF) Wie wichtig sind Ihnen Auszeichnungen?
S.D.) Ich kümmere mich nicht um Auszeichnungen, obwohl ich zwei Emmys, einen Lifetime Achievement Award und eine Ehrendoktorwürde besitze. Die Auszeichnungen haben meine Mutter sicherlich glücklich gemacht. Aber es war nur die Arbeit, die mir etwas bedeutet hat. Alles, was eine Funktion erfüllt, ist per Definition keine Kunst. Aber Autos erfüllen eine Funktion, und es gibt einen großen Unterschied zwischen einem alten Chevy und einem alten Ferrari. Es gibt einige Matte Gemälde, die rein funktional sind, wie mein Gemälde in FAMILIENGRAVB. Es ist nur eine Erweiterung des Sets. Aber große Establishing Shots und Landschaften könnte man als Auftragskunstwerke betrachten.
SFF) Was machen Sie denn zur Zeit?
S.D.) Ich bin sehr glücklich im Ruhestand. Um Albert Whitlock zu zitieren: “Ich male jetzt zu meinem eigenen Erstaunen.”
SFF) Gestatten Sie mir noch eine Frage zum Schluß. Welche Bilder von Ihnen empfanden Sie am schwierigsten zu gestalten?
S.D.) Die schwierigsten Bilder waren bei ZEIT DER UNSCHULD (1993). Ich wollte, dass die Arbeit real aussieht, aber gleichzeitig die Malerei des späten 19. Jahrhunderts in Amerika widerspiegeln. Ich wusste auch, dass dies der letzte ganz traditionelle Matte-Painting-Auftrag sein würde, den wir haben würden. Das digitale Zeitalter hatte bereits begonnen. Ironischerweise ging es bei dem Film um das Ende einer Ära
SFF) Sehr geehrter Mr. Dutton. Ich danke Ihnen vom Herzen für dieses Gespräch. Bleiben sie gesund.